Description:
Seit 30 Jahren besteht an der Universität Paderborn die nach Frankfurt/Main älteste Poetikdozentur in Deutschland. Sie wurde gegründet mit dem Ziel, durch die Begegnung mit Autoren und Autorinnen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur Einsichten in literarische Prozesse, künstlerische Eigenarten, Bedeutungs- und Wirkungsdimensionen des geschriebenen Wortes zu vermitteln, Einblicke in die Bedingungen des Schreibens selbst, in die Arbeitsweisen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern zu gewähren und von hier aus das Verständnis von Literatur zu fördern. Mit ihren selbstreflexiven Momenten bieten die in der Mehrzahl veröffentlichten Poetikvorlesungen der Paderborner Gäste eine Grundlage für die Auseinandersetzung mit ästhetischen Strukturen, Formungsweisen des literarischen Textes, Motivverdichtungen und Intentionen zeitgenössischer deutschsprachiger Literatur. Diese am Werk zu rekonstruieren, ist das Ziel des Bandes »Poetologisch-poetische Interventionen: Gegenwartsliteratur schreiben«. Er enthält Beiträge von renommierten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zu allen Paderborner Poetikdozenten und -dozentinnen der letzten dreißig Jahre und bietet damit einen repräsentativen Querschnitt durch die deutschsprachige Gegenwartsliteratur. „Die Tafel der Autoren ist ebenso reich und vielseitig und braucht keinen Vergleich mit dem Frankfurter Vorbild zu scheuen. Max von der Grün, Erich Loest, Peter Rühmkorf, Peter Schneider, Dieter Wellershoff, Eva Demski, Herta Müller, Günter Kunert, Uwe Timm, Hanns-Josef Ortheil, Friedrich Christian Delius, Anne Duden, Hartmut Lange, Wilhelm Genazino, Volker Braun, Angela Krauß, Arnold Stadler, Josef Haslinger, Marcel Beyer, Robert Schindel, Ulrich Woelk, Robert Menasse, Judith Kuckart, Werner Fritsch, Albert Ostermaier, Lea Singer, Kathrin Röggla, Doron Rabinovici (die Dozentur 2012/13 hat Georg Klein inne) werden gewürdigt, in der Regel von etablierten Kennern des Werks aus der Fachwissenschaft wie Alo Allkemper, Friedmar Apel, Friedhelm Marx, Hartmut Steinecke und anderen. Aus dem Themenspektrum der Poetik-Vorleser leuchten Mythos, Geschichte, Autobiografie, Welt und Wirklichkeit hervor. Es sind ästhetische Stichwörter, Schlüssel zum Selbstverständnis und selbstausgesuchte Themen derer, die freimütig über ihr Schreiben Auskunft gegeben und meist auch aus ihren Werken gelesen haben. Inzwischen haben die Autoren Werkausgaben bekommen (wie Max von der Grün, 2011), den Nobelpreis (wie Herta Müller 2009) oder öffentliche Facebook-Accounts angelegt (wie Robert Menasse). Damit stellt sich eines der drei wichtigen Probleme jeder wissenschaftlichen Beschäftigung mit Gegenwartsliteratur, die Kanonfrage. Wenn der Kanon die Richtschnur für das ist, was bleibt, wie weit kann dann der, der dieses Maß anlegt, eigentlich zurück- und vorausblicken? Mit dem Kanon hängt die Frage der Dauer der literarischen Gegenwart zusammen. Norbert Otto Eke lässt in seinem klugen Vorwort keinen Zweifel daran, wie sehr die Fremd- und Selbstkanonisierung der Gegenwartsliteratur durch den Markt und durch das jeweilige Künstlerbild beziehungsweise die Autoren-Poetik gesteuert ist“ (literaturkritik.de)