Description:
Der Beitrag befasst sich mit dem Grammatikerwerb von Kindern mit einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit. Diese Kinder sind zwar mit Hörgeräten versorgt, können aber damit den Hörverlust, besonders für stimmlose Obstruenten im Hochfrequenzbereich (wie /s/ und /t/), nicht vollständig kompensieren. Daher stellt sich die Frage, ob die eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit für diese Konsonanten Einfluss auf ihren Erwerb und damit auf den Erwerb von Flexionsmorphemen hat, insbesondere für die Subjekt-Verb-Kongruenz (SVK). In der Studie wurde untersucht, wie drei- und vierjährige mit Hörgeräten versorgte Kinder mit einer sensorineuralen Schwerhörigkeit den Erwerb der SVK meistern, die von hörenden Kindern typischerweise im dritten Lebensjahr erworben wird. Bei 19 drei- bis vierjährigen Kindern mit einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit und 19 gleichaltrigen normalhörenden Kindern wurden sowohl die Produktion der relevanten Konsonanten in wortfinaler Position als auch die produktive Verwendung von SVK-Flexiven überprüft. Die schwerhörigen Kinder erzielten für die Phoneme /s/ und /t/ ebenso wie für die SVK-Flexive -s(t) und -t in obligatorischen Kontexten signifikant niedrigere Korrektheitswerte als für die Phoneme /n/ und /m/ bzw. für das Flexiv -n. Während es keinen Unterschied in den Korrektheitswerten für die Nasale bzw. das Flexiv -n zwischen diesen beiden Gruppen von Kindern gab, lagen die Korrektheitswerte für /s/ und /t/ bzw. für die Verwendung der Flexive -s(t) und -t in obligatorischen Kontexten bei den Kontrollkindern signifikant über denen der schwerhörigen Kinder. In einem Follow up-Design mit elf ProbandInnen aus der ersten Teilstudie zeigte sich nach vier Jahren, dass fast alle hörgeschädigten Kinder deutlich Fortschritte gemacht hatten und die Defizite nicht dauerhaft waren.