• Media type: E-Book; Thesis
  • Title: Coloniality in practice : tracing power struggles in marginal entrepreneurship
  • Contributor: Mösching, Dominik [Author]
  • Published: St. Gallen, 2019
  • Published in: Dissertationen ; No. 4845 ; Universität St. Gallen
  • Extent: 1 Online-Ressource (circa 383 Seiten); Illustrationen
  • Language: English
  • Identifier:
  • Keywords: Postkolonialismus ; Entrepreneurship ; Management ; Sozialwissenschaft ; Kolonialmacht ; gnd ; Entrepreneurship ; gnd ; Marginalität ; gnd ; Praxis ; gnd ; Handlungsfähigkeit ; gnd ; Kaffee ; gnd ; Graue Literatur ; Hochschulschrift
  • Origination:
  • University thesis: Dissertation, University of St. Gallen, 2018
  • Footnote: Zusammenfassung in deutscher und englischer Sprache
  • Description: In a world that breathes "coloniality" at large, a growing number of post- and decolonial organization scholars problematize power by recognizing the persisting aftermath of the colonial experience (Mills 2018, Alcadipani, Khan, Gantman and Nkomo 2012). The question how colonial power relations are (not) reproduced has come under closer scrutiny, in particular regarding the practice of entrepreneurship, increasingly analyzed as a force of making other worlds (Sarasvathy 2015, Cálas, Smircich and Bourne 2009). Yet, decolonial analyses often fall into the "structuralist trap" of seeing colonial power as totalized formation out of reach (Escobar 2018, Zanoni, Contu, Healy and Mir 2017). As a result, vivid empirical illustrations of the "neocolonial" struggles between decolonial and colonial aspirations are in short supply (Durepos, Prasad and Villanueva 2016, Millar 2014, Imas and Weston 2012), and the lack of concepts to situate the emergence of large phenomena in everyday life (Nicolini 2017a) even puts the central decolonial impetus to recover the "agency of the marginal" at risk (Srinivas 2013, Mignolo and Escobar 2010). This study addresses both the empirical and the conceptual gap by tracing neocolonial power struggles in marginal entrepreneurship. In the tradition of studying global connections "from below" (Mathews, Lins Ribeiro and Alba Vega 2012, Tsing 2015), I engage in a multi-sited ethnography (Falzon 2009) of an emergent Direct Trade (DT) coffee business. By applying the conceptual framework of social practice theory (SPT) (Hui, Schatzki and Shove 2017, Reckwitz 2002), I make neocolonial power struggles operational as performances of subject positioning (Bröckling 2016, Davies and Harré 1999). This enables me to trace them in marginal entrepreneurial practices which connect a migrant-led coffee shop in Switzerland with a relaunched family farm in Colombia. The single case study thereby discloses empirical settings that are often unheard, or silenced, in management and organization studies (MOS) (Gantman, Yousfi and Alcadipani 2015, Jack, Westwood, Srinivas and Sardar 2011).

    Post- und dekoloniale Ansätze, welche Machtprozesse unter Berücksichtigung kolonialer Erfahrungen problematisieren, haben in den letzten Jahren in den Management- und Organisationswissenschaften (MOS) an Gewicht gewonnen (Mills 2018, Alcadipani, Khan, Gantman and Nkomo 2012). Die Frage, wie koloniale Machtverhältnisse reproduziert oder überwunden werden, ist dabei ein wesentlicher Fokus, insbesondere hinsichtlich unternehmerischer Praktiken. Diese werden zunehmend als kreative Kraft zur Schaffung anderer Welten ("world making") verstanden (Sarasvathy 2015, Cálas, Smircich and Bourne 2009). Als Spielart der "strukturalistischen Falle" erscheint Macht in dekolonialen Analysen jedoch häufig als abstraktes Phänomen (Escobar 2018, Zanoni, Contu, Healy and Mir 2017). Erstens fehlen anschauliche empirische Illustrationen "neokolonialer" Kämpfe zwischen de- und kolonialen Aspirationen (Durepos, Prasad and Villanueva 2016, Millar 2014, Imas and Weston 2012). Zweitens ist der Mangel an Konzepten, die die Entstehung "grosser Phänomene" (Nicolini 2017a) im gelebten Alltag verorten, ein Risiko für den zentralen Antrieb dekolonialer Studien: Das Wiederherstellen marginaler Handlungsfähigkeit (Srinivas 2013, Mignolo and Escobar 2010). Diese Studie adressiert die doppelte empirische und konzeptionelle Forschungslücke, in der Tradition anthropologischer Analysen globaler Beziehungen "von unten" (Mathews, Lins Ribeiro and Alba Vega 2012, Tsing 2015), in einer multilokalen Ethnographie (Falzon 2009). Mit dem Ziel, neokoloniale Machtkämpfe in marginalem Unternehmertum nachzuzeichnen, untersucht die Einzelfallstudie die geschäftlichen Praktiken in einem Kaffee-Direkthandelsbetrieb zwischen einem kolumbianisch geführten Café in der Schweiz und einer reaktivierten Familienfarm in Kolumbien. Neokoloniale Machtkämpfe werden dabei durch den konzeptuellen Rahmen der Theorie sozialer Praktiken (Hui, Schatzki and Shove 2017, Reckwitz 2002) als Subjektpositionierungsleistungen operationalisiert (Bröckling 2016, Davies and Harré 1999). Die Daten wurden in einer Serie von teilnehmenden Beobachtungen, Konversationen und Recherchen in beiden Ländern über einen Zeitraum von sechzehn Monaten erhoben. Sie werden in mehr-als-repräsentativer Weise (Vannini 2015b) in einer iterativen Triangulation von offenem Coding, konzeptuellem Mapping und evokativem Schreiben analysiert. So bleiben Multiplizitäten hörbar, und vernachlässigte Stimmen gestalten die dekoloniale Erforschung des Fragmentären wesentlich mit (Frenkel and Shenhav 2006). Das empirische Narrativ wird schliesslich im Stile einer, wie ich es nenne, Hopeful Noir Story als Ursprung und nicht als Evidenz für den analytischen Prozess präsentiert (Rose 2016). Die Resultate der Studie zeichnen nach, wie das Kleinunternehmen die Art und Weise, wie Kaffee in der Produktionsregion und in globalen Märkten gemacht wird, verändern will. Im Kontext transnationaler Unternehmen, hegemonialer Institutionen und traditioneller Produktionspraktiken erscheint marginale unternehmerische Praxis in verstreuten, verschachtelten und relationalen Aktivitäten (Jarzabkowski, Bednarek and Spee 2015). Diese kreuzen sich in vielfältiger Weise mit etablierten Praktiken (Brice 2014). Dabei schafft die Kollision von Subjektpositionen multiple Marginalitäten in zwei zirkulären Prozessen: Praktiken und Subjektpositionen, sowie Subjektpositionen und marginale Handlungsfähigkeit, ko-konstituieren einander. Im Dialog zwischen dekolonialen Ansätzen in der Tradition von Said (1978), Bhabha (1994) und Anzaldúa (1987) und der Empirie werden drei Subjektpositionierungsprozesse identifiziert - mit unterschiedlichen Implikationen für die Taktiken im Umgang mit kolonialen Machtverhältnissen: "Grenzmachen" (Border doing) ermöglicht Reproduktion und Widerstand, "Grenzkreuzen" (Border crossing) dazu Subversion, und "Grenzwohnen" (Border dwelling) dazu Überwindung. Subjektpositionierungen erscheinen so in der Praxis als Resultat und Quelle von Machtverhältnissen zugleich (Watson 2017). Indem die "doppelte Zirkularität der Macht" die Welt des Direkthandelskaffees in Multiplizitäten von "alt" und "neu" aufführt, folgere ich, dass dekoloniale Welten nicht durch Division, sondern durch Multiplikation erschaffen werden. Indem die Studie nachzeichnet, wie koloniale Macht unternehmerische Praktiken des "World Making" gestaltet - und umgekehrt - vertieft sie das Verständnis von Macht, Handlungsfähigkeit und Wandel in (insbesondere prozessorientierten) MOS. Die ethnographische Fallstudie eines marginalen Unternehmens erarbeitet operationale Konzepte und macht empirische Kontexte hörbar, welche in MOS häufig ignoriert werden (Gantman, Yousfi and Alcadipani 2015, Jack, Westwood, Srinivas and Sardar 2011). Schliesslich sehe ich in meinem Versuch einer "dekolonialen Praxeologie" das Potential, die Theorie sozialer Praktiken mit dekolonialen Studien in einen Dialog zu bringen, welcher ontologische und epistemologische Annahmen in den Sozialwissenschaften kritisch zu hinterfragen vermag.
  • Access State: Open Access