University thesis:
Zugl.: Heidelberg, Pädag. Hochsch., Diss., 1994
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Description:
Verlagsinfo: 1976 veröffentlichte Hartmut von HENTIG sein Manifest für eine kind- und menschengerechte Schule: "Was ist eine humane Schule?" Beinahe zwanzig Jahre später sieht er keine seiner damaligen Forderungen erfüllt. Im Gegenteil, während Schule immer noch nicht zum Lebens- und Erfahrungsraum für Schülerinnen und Schüler geworden ist, haben sich die Bedingungen ihrer Arbeit sogar verschlechtert. Als ich mit dem Unterrichten begann, legten die alltäglichen Sorgen um einen verantwortbaren Unterricht mein Engagement auf die kleinen pragmatischen Lösungen fest. Und gemessen an meiner zurückliegenden beruflichen Erfahrungen kamen mir die Widersprüche und Probleme des Schulalltags nicht größer vor als anderswo. Auch bei meinen früheren nichtstaatlichen Arbeitgebern wurde gleichzeitig aufgebaut, abgerissen und die Fassade restauriert. Meine Sichtweise wandelte sich erst im Laufe der Untersuchung, über die hier berichtet wird. Ging es mir zunächst hauptsächlich um die Frage, wie man mit Hilfe des neuen Bildungsplans die Qualität der kleinen pragmatischen Lösungen verbessern könnte, so erfuhr ich bereits während der Einführungsphase, daß zumindest die gewünschte Arbeit im Team nicht vom Himmel fallen würde. Ich führte zahlreiche Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen der eigenen und anderer Schulen. Dabei zeigte sich, wie wenig wir von der Arbeit der jeweils anderen wußten. Insbesondere wie andere ihren Unterricht planen, was sie nachmittags zuhause tun, damit sie jedes einzelne ihnen anvertraute Kind bestmöglich fördern können, war unbekannt. Daraus entstand die Idee, viele unterschiedliche Lehrkräfte an Sonderschulen für Lernbehinderte im Rahmen einer empirischen Untersuchung genau danach zu fragen. Doch je weiter ich mich - schließlich vom Dienst beurlaubt - dem Schulalltag entfernte, um so deutlicher wurden die zahlreichen Widersprüche, unter denen die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer stattfindet. Ich wunderte mich, warum ich so vieles davon als Lehrerin gar nicht so gravierend empfunden hatte. War es unter diesen Bedingungen überhaupt möglich, dem vermeintlichen Ziel des neuen Bildungsplans zu folgen und schülerorientierter zu arbeiten? Es wurde immer deutlicher, daß die empirische Untersuchung klären sollte, wie Lehrerinnen und Lehrer es trotz dieser schwierigen Situation schaffen, jedes einzelne Kind angemessen zu fördern. Über die Autorin: Dr. Ursula Carle ist Professorin für Grundschulpädagogik an der Universität Bremen. Seit Jahren begleitet und evaluiert sie universitäre, schulische und soziale Entwicklungsprojekte. Vorher lehrte und forschte sie an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, der Universität Osnabrück und der Technischen Universität Braunschweig. Daneben hatte sie Gastlehraufträge in Bozen (Integrationspädagogik), Holbaek (Grundschulpädagogik) und Wien (Schulentwicklung) in. Sie arbeitet acht Jahre als Grund- und Hauptschullehrerin.