Description:
Das 1920 erstmals in Berlin erschienene literarische Tagebuch der Schauspielerin und Sängerin Emmy Hennings ist ein Buch über Prostitution. Entkam eine junge Frau der Jahrhundertwende der kleinbürgerlichen Enge und schaffte den Einstieg in einen künstlerischen Beruf, blieben mangels sozialer Absicherung und wegen der unregelmäßigen und schlechten Bezahlung häufig nur Liebesdienste, um Durststrecken zu überbrücken. Die junge Wanderschauspielerin spürte das Brandmal sozialer Ausgrenzung am eigenen Leib, bevor sie feste Engagements bekam und als Kabarettistin eine Heimat im Umkreis der Münchner Literaturszene fand. 1915 ging sie mit ihrem späteren Mann, dem Dada-Protagonisten Hugo Ball nach Zürich, wo sie mit ihm, Tristan Tzara, Hans Arp u.a. im Cabaret Voltaire auftrat. Im "Brandmal" schrieb sie sich ihre Leidenszeit von der Seele. Die dichte Erzählsprache und die starken dialogischen Passagen fesseln auf erstaunlich moderne Art und lohnen die Wiederentdeckung. Das Nachwort von Erika Söllwold ist informativ, aber akademisch spröde. - Der Aufmachung gemäß eher in ausgebauten Beständen vermittelbar. (3) (Beate Frauenschuh)