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Der Surrealismus hat als eine von Frankreich ausgehende Strömung europaweit in den bildenden Künsten und in der Literatur eine große Strahlkraft entwickelt. Als eine der bedeutendsten und folgenreichsten intellektuellen Bewegungen des 20. Jahrhunderts steht er nicht nur für die Loslösung von früheren ästhetischen Kategorien, sondern er befreite die Kunst von ihrem selbstzweckhaften Dasein. Inwieweit ist im literatur-, kunst- und theaterwissenschaftlichen, aber auch wissenschaftskritischen Sinne überhaupt von einem deutschsprachigen Surrealismus zu sprechen? Waren die zentralen surrealistischen Motive des Traums und des Fantastischen schon in der Romantik, im Expressionismus und im Dadaismus erschöpfend freigelegt, sodass es in Deutschland keiner surrealistischen Erweckung bedurfte? Oder hat die Literaturwissenschaft es bislang versäumt, eine solche Strömung zu verorten ‑ und wenn ja, aus welchen Gründen? "Ein Gespenst ist etwas, das gleichzeitig an- und abwesend ist. Es lässt sich nie direkt fassen, sondern nur durch die Spuren, die es hinterlässt, erahnen. Ähnlich verhält es sich mit dem Surrealismus in der deutschsprachigen Literatur. Im Grunde ist man sich einig, dass es dort nie etwas dem Surrealismus Vergleichbares gegeben habe. Dennoch herrschen Zweifel darüber, dass eine so bedeutende künstlerische Bewegung an der deutschsprachigen Literatur spurenlos vorbeigegangen sein soll. Der von Friederike Reents herausgegebene Tagungsband versucht diese Annahme kritisch zu hinterfragen... Auch wenn man sich an einigen Stellen wünschen würde, dass der Komplex „Surrealismus und deutschsprachige Literatur“ sowohl hinsichtlich der historischen Einordnung als auch stilistisch differenzierter behandelt würde als es in dem Tagungsband geschieht, leistet er der Wissenschaft dennoch einen großen Dienst. Er zeigt einmal mehr, dass es sich lohnt, in der Literaturwissenschaft die gängigen Fragestellungen zu erweitern und seinen Blick auf bislang unbeachtete Gebiete zu lenken" (literaturkritik.de)