Footnote:
Hier auch später erschienene, unverändert Nachdrucke
Description:
Das erste Mal hat er mit fünfzehn geliebt und seitdem nie wieder so groß: Im Laufe von wenigen, viel zu wenigen Tagen erlebt ein Junge alle Extreme der Verliebtheit, vom ersten Kuss bis zur endgültigen Abweisung. Im Mikrokosmos eines Gymnasiums Anfang der 80er Jahre und vor dem Hintergrund der westdeutschen Friedensmärsche führt Navid Kermani das zeitlose Schauspiel der Liebe in ihrer ganzen Majestät und Lächerlichkeit vor. Die Schilderung der ersten Blicke, Berührungen und Abschiedsbriefe verknüpft er mit den Erzählungen der arabisch-persischen Liebesmystik. Für den Leser öffnet sich ein Gang durch irdische und göttliche Seelenlandschaften, der fast unbemerkt Kulturen und Jahrhunderte überbrückt. „Gerade dieser zaghafte Versuch des Erzählers, im Schreiben dem eigenen Sohn wieder näherzukommen, macht Kermanis Roman bei aller vielleicht etwas opulenten konzeptuellen Orchestrierung und der mitunter etwas gewollt gespreizten Sprache zu einer wundervoll doppelbödigen Reflexion gar nicht nur über das Lieben, sondern mehr noch über die Angst vor dem Verlust. Wie Kermani im Zuge dessen, vollends ohne Satire, die Mentalität einer im Grunde natürlich herrlich provinziellen Friedensbewegung wiedererstehen lässt, das ist nicht nostalgisch, sondern melancholisch: Dieses unschuldige Entflammtsein scheint heute kaum mehr möglich“ (FAZ). "Das erste Mal hat er mit fünfzehn geliebt und nachher nie wieder so groß", heißt es gleich am Anfang. Navid Kermani wagt die Exegese der Pubertät nach allen Regeln der arabisch-persischen Liebesmystik. Denn Islam heißt übersetzt "Hingabe" – und das kann man mit fünfzehn so gut wie nie im Leben (Platz 1 der SWR-Bestenliste im März 2014)
Der Autor und Ich-Erzähler blickt zurück auf seine 1. große und unwiederbringbare Liebe, die er im Alter von 15 Jahren mit einem etwas älteren Mädchen erlebte. Um Distanz zu wahren, schreibt er von sich als Jungen in der 3. Person. Und Kermani (belletristisch zuletzt "Dein Name", ID-A 43/11), Meister der wunderbaren Sprache ebenso wie der klugen Gedanken, erzählt dabei nicht einfach eine Liebesgeschichte. Vielmehr analysiert er, lässt den zeitgeschichtlichen Hintergrund Revue passieren, zieht Parallelen zu "Leila und Madschnun", den bedeutendsten Liebenden der arabischen Literatur, und er zitiert arabische und persische Philosophen und Sufi-Meister. Kein einfacher, aber ein wunderbarer Roman, ein Genuss für literarisch interessierte Leser. (Elisabeth Mair-Gummermann)