• Media type: E-Article
  • Title: Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen in der Corona-Krise: Situation und postpandemische Perspektive
  • Contributor: von Eiff, Maximilian C.; von Eiff, Wilfried; Ghanem, Mohamed
  • imprint: Georg Thieme Verlag KG, 2022
  • Published in: Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement
  • Language: German
  • DOI: 10.1055/a-1676-9574
  • ISSN: 1432-2625; 1439-4049
  • Keywords: Health Policy
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  • Description: <jats:title>Zusammenfassung</jats:title><jats:p> Hintergrund Bereits in den ersten 6 Monaten der Pandemie erlitten die Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen massive Erlöseinbußen. Dies einerseits durch die Aussetzung von Heilverfahren und Nachsorgeangeboten sowie die Verpflichtung, im Bedarfsfall verlegbare Patienten aus Akutkrankenhäusern zu übernehmen; andererseits führte die Verschiebung elektiver Eingriffe zugunsten der prioritären Behandlung von Covid-19-Patienten in den Akuthäusern sowie die Angst von Reha-Patienten vor einer Infektion zu einem Nachfragerückgang. Demgegenüber entstanden erhebliche Zusatzkosten durch die Organisation infektionssicherer Arbeitsabläufe sowie die Beschaffung von Produkten der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) auf einem überhitzten freien Markt. Das Insolvenzrisiko für die Reha-Einrichtungen erhöhte sich.</jats:p><jats:p> Methoden Ziel der Studie war es, die ökonomischen und ablauforganisatorischen Konsequenzen sowie die Infektionsrisiken für Personal und Patienten einer Unterversorgung mit PSA-Produkten im Bereich der Rehabilitation zu ermitteln sowie die Effektivität staatlicher Eingriffe bei der Beschaffung von PSA-Produkten zu reflektieren.</jats:p><jats:p>Durchgeführt wurde im Zeitraum 25. bis 28. Woche 2020 eine Online-Befragung unter 79 Einrichtungen mittels strukturiertem Fragebogen, u. a. spezifiziert nach den Erhebungsbereichen „Versorgungssituation bei PSA-Produkten“, „Umgang mit PSA-Versorgungsengpässen“, „Ertragssituation“, „Zusatzkosten“ und „Wirksamkeit staatlicher Hilfsmaßnahmen“. In weiteren 18 Einrichtungen wurden Einzelinterviews zur Praxis des Pandemie-Managements vor Ort geführt. Die Erhebung wurde auf orthopädische, kardiologische und neurologische Einrichtungen konzentriert.</jats:p><jats:p> Ergebnisse Der Umsatz der Einrichtungen ging um zeitweise bis zu 70 % gegenüber dem Vorjahr zurück, gleichzeitig erhöhten sich die Kosten für Infektionsprophylaxe um durchschnittlich 349 € pro Patient und Mitarbeiter pro Behandlungszyklus (21 Tage), was etwa 13 % des Fall-Erlöses bedeutete. Durch den Rückgang bei Patientenbehandlungen während der Pandemie baute sich ein Behandlungsstau auf, der zwischen 20 und 25 % der Reha-Leistungen des Jahres 2019 entspricht und die Krankheitslast im Gesundheitssystem zukünftig erhöhen wird.</jats:p><jats:p>Der Mangel an Schutzausrüstung führte in 29 % der Einrichtungen zu erschwerten Arbeitsabläufen mit Infektionsgefährdung für Patienten und Mitarbeitende.</jats:p><jats:p>Von der Beschaffungsinitiative des Bundesministeriums für Gesundheit fühlten sich 71 % der Einrichtungen nicht versorgt.</jats:p><jats:p> Diskussion Die Corona-Pandemie hat die Anfälligkeit zahlreicher Reha-Einrichtungen für eine wirtschaftliche Schieflage verstärkt. Ursache dafür sind pandemiebedingte Zusatzkosten, Erlösausfälle aufgrund von Belegungsrückgängen und ein Investitionsstau in zahlreichen Einrichtungen. Notwendige Maßnahmen des Infektionsschutzes erhöhen nicht nur die Kostenbelastung, sondern vermindern faktisch die verfügbare Behandlungskapazität. Als Konsequenz ist ein Behandlungsstau zu erwarten, der mit erhöhter Krankheitslast im Gesundheitssystem verbunden sein wird.</jats:p><jats:p> Kernbotschaft Das Insolvenzrisiko hat sich für Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen durch die Corona-Krise erhöht, gleichzeitig sind die Anforderungen an medizinische Qualität und Infektionsschutz ebenso wie die Vorhalte- und Behandlungskosten gestiegen. Eine Reform der Refinanzierung von Reha-Leistungen ist notwendig: Dies betrifft die Finanzierung von Vorhaltekosten von Reha-Einrichtungen als Teil der Daseinsvorsorge. Hier ist allerdings eine versorgungsstrukturelle und institutionenorientierte Bedarfsermittlung vorzuschalten, um Mitnahmeeffekten vorzubeugen. Weiterhin ist die Vergütung der Betriebskosten qualitäts- und aufwandorientiert am Krankheitsbild und am Patientenzustand vorzunehmen.</jats:p>