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Media type:
E-Article
Title:
Schwarzes Mittelmeer, weißes Europa : Kolonialität, Rassismus und die Grenzen der Demokratie
:
Kolonialität, Rassismus und die Grenzen der Demokratie
Published in:
Zeitschrift für Praktische Philosophie, 8 (2021) 1
Language:
Not determined
DOI:
10.22613/zfpp/8.1.18
ISSN:
2409-9961
Origination:
Footnote:
Description:
Zusammenfassung: Die Passage über das Mittelmeer ist in den letzten Jahren zu einer der tödlichsten Migrationsrouten der Welt geworden. Während die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gegen die sogenannte „Flüchtlingskrise“ eine militärische und diskursive Fluchtabwehrpolitik betreiben und die Seenotrettung geflüchteter Menschen aussetzen und kriminalisieren, begreifen normative politische Theorien der Migration Fluchtbewegungen als ein politisches oder moralisches Problem sowie als Krise für etablierte Demokratien. Gegen den Topos der „Flüchtlingskrise“ und die implizite Normalisierung von Grenzen in einem Großteil gegenwärtiger politiktheoretischer Debatten zu Migration und Flucht entwickelt der vorliegende Beitrag eine politische Theorie der Grenze aus der Perspektive postkolonialer und Schwarzer kritischer Theorie. Dazu werden zunächst Kolonialität und Rasse als bislang vernachlässigte analytische Kategorien in die politische Theorie eingeführt, um die koloniale Gegenwart von Grenzregimen und die Rassifizierung von Grenzen zu rekonstruieren. Im Rückgriff auf die Figur des Schwarzen Mittelmeers, die aus der radikalen Schwarzen Tradition stammt und im Kontext gegenwärtiger Migrationsrouten von Afrika nach Europa aktualisiert wird, wird sodann ein alternatives Register für eine politische Theorie der Grenze entwickelt: Erstens wird das europäische Grenzregime als eine rassistische Politik der Vergrenzung verstanden; zweitens werden die postkolonialen Ambivalenzen und rassifizierten Dimensionen einer Politik der Solidarität mit geflüchteten Menschen problematisiert; drittens werden Fluchtbewegungen als widerständige politische Imaginationen und Praktiken nachgezeichnet, die die Widersprüche hegemonialer Konzeptionen von Demokratie und Zugehörigkeit aufzeigen. Abschließend wird die Epistemologie des Schwarzen Mittelmeers für eine Kritik des dominanten Krisennarrativs der Demokratie und für eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit den kognitiven Grenzen der politischen Theorie selbst produktiv gemacht.