Description:
"Auch die im Übergang von den 1960er zu den 1970er Jahren angesiedelte Studentenbewegung ist nicht davon verschont geblieben, als Teil des westdeutschen '68er-Mythos abgehandelt zu werden. Wie in jeder idealisierenden Geschichtsbetrachtung ranken sich um den Mythos von 1968 wichtige Ereignisse, große Namen, Opfer und Verfolger und, nicht zuletzt wegen des lokalen Bezugs, immer wieder aufgelegte Kolportagen voller Klatsch und Tratsch. Zwar mag es Geschichten um vermeintliche Helden und Schurken sowie um Erfolge und verratene Ideale auch in Hannover gegeben haben, doch müssen solche unweigerlich ressentimentgeleiteten Bewertungen sich immer dann verflüchtigen, wenn über kleinmütige Perspektiven hinaus weiterreichende Fragestellungen und gesellschaftstheoretische Erklärungen sozialer und politischer Bewegungen angestrebt werden. In diesem Sinne will ich hier die Studentenbewegung der 1960er Jahre zur vorangegangenen Bewegung der Halbstarken in Beziehung setzen. Beide rekrutierten sich aus der Generationenkohorte der Jahre 1938 bis 1948: die einen als proletarischer Teil mit entsprechend verkürzter Jugendphase in den 1950er Jahren, die anderen als der in den 1960er Jahren an die Hochschulen strebende Teil der Angehörigen bürgerlicher Schichten. Mit dieser vergleichenden Perspektive will ich den Rahmen einer Theorie sozialer Verkennung skizzieren, einer Theorie, die in klassenkultureller Differenzierung die generelle Konfliktdynamik sozialer Bewegungen zu erklären verspricht. Zunächst jedoch sollen einige Anmerkungen zu Hannover vorangestellt werden, um so den gesellschaftlichen Hintergrund lokaler Öffentlichkeit verständlich zu machen." (Textauszug)