Description:
Der Band untersucht den Prozess der Digitalisierung im Hinblick auf seine gesellschaftliche Bedeutung für die Menschen von seiner technischen Basis aus. Dies geschieht in Anlehnung an die Mediatisierungsforschung in drei Schritten: In einer historischen Perspektive wird herausgearbeitet, wie die Idee des Computers im 19. Jahrhundert entsteht und für welche Zwecke der Apparat erfunden wird, nämlich von Charles Babbage als ein Instrument zur Teilung geistiger Arbeit des Menschen mit der Maschine. Weiter wird umrissen, wie die ersten tatsächlich gebauten Computer ab den 1940er Jahren entstehen und sich entwickeln, darüber der Prozess der Digitalisierung als der heutige Mediatisierungsschub in Gang kommt und wie sich sein gewaltiges Potenzial in Alltag, Kultur und Gesellschaft entfaltet. In einer gesellschaftlichen und kulturellen Perspektive geht es dann darum, wie der Computer als Basis der Digitalisierung in die Gesellschaft funktional eingebettet wird und was der symbolische Apparat Computer für den Menschen, verstanden als 'Animal Symbolicum' (Cassirer) leisten kann. Die Menschen transformieren den Apparat in ein Medium und verwenden ihn primär für Kommunikation und Information. Die Ökonomie ihrerseits kontrolliert die Technik, die Programmierung, die Vernetzung und die Daten - und damit auch die Verwendung sowie die weitere technische Entwicklung der Menschheit. Die Ambivalenz dieses Wandels - einerseits ein gigantisches Potenzial, andererseits eine Bedrohung für Selbstbestimmung, Demokratie und Menschenrechte - wird so deutlich. Diese Ambivalenz knüpft daran an, dass der Computer als Instrument einer Teilung geistiger Arbeit verwendet werden kann, ganz analog wie die Maschinen im 18. und 19. Jahrhundert erst auf der Teilung produktiver körperlicher Arbeit entwickelt wurden, dann aber in den Kapitalismus von heute führten. In einer technischen Perspektive wird vor diesem Hintergrund der Computer dann in seiner technischen und operativen Struktur analysiert und von daher auf sein Potenzial geschlossen. Im Unterschied zum Menschen beherrscht der Computer ca. zwei Dutzend Basisbefehle, und jedes Computerprogramm ruft komplexe Kombinationen davon auf. Dabei transformieren die Planer*innen und Programmierer*innen ihre Intelligenz in den Computer. Die Vermenschlichung des Computers bleibt Ideologie. Die Datenuniversen, die entstehen, beschränken sich auf behavioristische Verhaltensdaten und deren Verwertung. Was heute unter KI firmiert, sind automatisierte, meist mittels wahrscheinlichkeitstheoretisch basierter Optimierung arbeitende Programme auf Basis gigantischer Datenvorräte, die komplexe Möglichkeiten berücksichtigen, aber trotzdem immer nur abarbeiten, was ihnen vorgegeben wird. In einem abschließenden Kapitel werden drei Richtungen skizziert, wohin sich digital mediatisierte Gesellschaften auf dieser Basis entwickeln können - es liegt an uns allen, wohin die Reise langfristig gehen wird.