• Medientyp: E-Book
  • Titel: Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik : Wirkungen auf die deutsche Leistungsbilanz
  • Beteiligte: Boysen-Hogrefe, Jens [VerfasserIn]; Gern, Klaus-Jürgen [VerfasserIn]; Groll, Dominik [VerfasserIn]; Hauber, Philipp [VerfasserIn]; Jannsen, Nils [VerfasserIn]; Kooths, Stefan [VerfasserIn]
  • Erschienen: Kiel: Institut für Weltwirtschaft, [2017]
  • Erschienen in: Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik ; 11
  • Umfang: 1 Online-Ressource (circa 43 Seiten); Illustrationen
  • Sprache: Deutsch
  • Identifikator:
  • Schlagwörter: Graue Literatur
  • Entstehung:
  • Anmerkungen: Zusammenfassung in englischer Sprache
  • Beschreibung: Der deutsche Leistungsbilanzsaldo erreicht in Relation zur Wirtschaftsleistung seit einigen Jahren so-wohl im historischen als auch im internationalen Vergleich Höchststände. Diese anhaltend hohen Leis-tungsbilanzüberschüsse werden auf internationaler Ebene zunehmend kritisch diskutiert. Dahinter steht die Auffassung, die Überschüsse der Leistungsbilanz könnten die wirtschaftliche Entwicklung im In- und Ausland negativ beeinflussen. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Kurzgutachten die Wir-kung von acht hypothetischen wirtschaftspolitischen Maßnahmen auf den deutschen Leistungsbilanz-saldo untersucht. Diese Maßnahmen umfassen schuldenfinanzierte finanzpolitische Maßnahmen, Handelsabkommen, Maßnahmen, die auf höhere Löhne hinwirken sowie eine restriktivere Geldpolitik. Freilich sind wirtschaftspolitische Maßnahmen, die auf eine Reduktion eines Leistungsbilanzüber-schusses hinwirken, nicht ohne weiteres als Ausdruck einer angemessenen Wirtschaftspolitik aufzu-fassen, auch weil sie mit Verzerrungen an anderer Stelle einhergehen können. Aufgrund der hohen Aktualität und der internationalen Dimension der Debatte um den deutschen Leistungsbilanzüber-schuss ist die Wirkung dieser Maßnahmen auf die Leistungsbilanz gleichwohl von wirtschaftspoliti-schem Interesse. Die Analyse erfolgt in einem einheitlichen Modellrahmen anhand des internationalen makroökonomi-schen Strukturmodells NiGEM. Die Maßnahmen können zum Teil nur indirekt in NiGEM implementiert werden; hierfür orientieren wir uns, soweit möglich, an bereits erprobten Vorgehensweisen. Da die Wirkung von wirtschaftspolitischen Maßnahmen auf die Leistungsbilanz komplex ist und nicht alle Wirkungskanäle von einem einzigen Modell abgebildet werden können, werden die Ergebnisse Resul-taten aus der Literatur gegenübergestellt, die auch auf anderen Modellen und Methoden basieren. Bei der Analyse wird ein Fokus auf die Effekte bis zum Jahr 2021 gelegt, es werden aber auch die länger-fristigen Auswirkungen diskutiert. Alles in allem haben den Modellergebnissen zufolge schuldenfinanzierte, expansive finanzpolitische Maßnahmen die größte Wirkung auf den deutschen Leistungsbilanzsaldo (Tabelle 1). Diese Maßnah-men wirken wie ein konjunktureller Stimulus und reduzieren vor allem über einen Anstieg der Importe den Handelsbilanzsaldo und damit zusammenhängend auch den Leistungsbilanzsaldo. Die größten Wirkungen ergeben sich bei einer schuldenfinanzierten Senkung der Unternehmensteuern oder einem schuldenfinanzierten Anstieg der öffentlichen Investitionen, da diese Maßnahmen auch die Binnen-konjunktur am stärksten anregen würden und per Saldo die für den Kapitalexport verfügbaren Mittel schmälern. Etwas geringere Wirkungen ergeben sich bei einem schuldenfinanzierten Anstieg der öf-fentlichen Konsumausgaben oder dem Senken der Einkommensteuer. Insgesamt sind die Wirkungen auf den Leistungsbilanzsaldo aber begrenzt. Eine einzelne Maßnahme könnte aufgrund von politischen oder technischen Hemmnissen wohl kaum in einem Umfang durchgeführt werden, der den Leistungs-bilanzsaldo erheblich (z.B. um 2 Prozentpunkte in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) reduzieren würde. Erfolgen die Maßnahmen budgetneutral, so ist die Wirkung auf den Leistungsbilanzsaldo deutlich ge-ringer. Freilich führen einige dieser Maßnahmen (insbesondere höhere öffentliche Investitionen und niedrigere Unternehmensteuern), auch wenn sie gegenfinanziert werden, dauerhaft zu einem niedri-geren Leistungsbilanzsaldo, da diese strukturell die Spar- und Investitionsentscheidungen beeinflus-sen. Zwar sind die Wirkungen nicht aller Maßnahmen quantitativ miteinander vergleichbar, da sie sich in ihrem Impuls unterscheiden. Die Wirkungen der nicht finanzpolitischen Maßnahmen auf den deut-schen Leistungsbilanzsaldo sind aber offenbar begrenzt oder in ihrer Wirkungsrichtung unklar. Ein Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union oder eine Liberali-sierung des Dienstleistungshandels könnte den deutschen Leistungsbilanzsaldo geringfügig reduzieren. Bei Maßnahmen, die zu einem stärkeren Anstieg der Löhne in Deutschland führen, oder bei struk-turellen Reformen in europäischen Partnerländern ist die Wirkung auf den Leistungsbilanzsaldo unklar. Die Ergebnisse stehen qualitativ im Einklang mit den Ergebnissen in der Literatur. Eine Kombination aus einer Liberalisierung des Dienstleistungshandels sowie einer schuldenfinanzierten Erhöhung der öffentlichen Investitionen und einer Senkung der Unternehmenssteuern im Umfang von jeweils 0,5 Prozentpunkten in Relation zum Bruttoinlandsprodukt könnte den deutschen Leistungsbilanzsaldo bis zum Jahr 2021 um etwa 1 Prozentpunkt reduzieren.

    In recent years, the German current account balance has risen to extremely high levels both in histori-cal comparison and by international standards. The persistently high current account surpluses are subject to increasing international criticism based on the presumption that they are detrimental to both domestic and foreign economies. Against this backdrop, this study evaluates the effect of eight hypothetical economic policy measures on the current account balance: an increase of public invest-ment as a share of GDP, an increase in public consumption, a reduction of corporate taxes or personal income taxes, an increase in wages, the realization of a comprehensive trade agreement between the EU and the US, a more restrictive monetary policy in the euro area, the implementation of structural reforms in other EU countries, and a general liberalization of services trade in the context of WTO. It is worth noting, however, that policy measures that target a reduction of the current account balance should not automatically be conceived as an appropriate economic policy as they may result in unintended side effects in other parts of the economy. Due to the prominence of the issue in the international debate, the impact of policy measures on the current account balance is nevertheless of substantial interest to policy-makers. The analysis is conducted within a single model framework using the international structural macro-economic model NiGEM. In cases where measures can only be implemented indirectly, we follow approaches that have been applied in the literature wherever possible. As the transmission channels of economic policy measures to the current account balance are complex and cannot be captured by a single model, we compare our results to those in the literature, which are based on different models and methods. The analysis focuses on the effects until 2021, but longer term is also discussed. According to the model simulations, debt-financed expansionary fiscal policy measures have the largest impact on the German current account balance. Such measures deliver a direct demand stimulus and reduce the trade balance and, hence, the current account balance primarily by raising imports. The largest effects come from a debt-financed reduction of corporate taxes and a debt-financed increase of public investment, since these measures deliver the largest stimulus to the domestic economy and directly reduce the funds available for capital exports. Somewhat smaller effects result from a debt-financed increase of public consumption and a decrease in income taxes. Overall, however, the size of the effects on the current account balance is rather limited. Reducing the current account surplus by one single measure substantially (e.g., by 2 percentage points relative to GDP) will be difficult to achieve due to political or technical constraints. If the policies are designed in a fiscally neutral way, their effects on the current account balance are significantly smaller. Nonetheless, even in these cases, some of the measures (especially higher public investment and lower corporate taxes) lead to a permanent decrease in the current account balance because they structurally alter savings and investment decisions. The effects of the remaining measures analyzed in this study are either small, as in the case of a trade deal with the US or services trade liberalization, or ambiguous in their direction, as in the case of higher wages or structural re-forms in European partner countries. Qualitatively, the results are broadly in line with the findings in the literature. Quantitatively, our simulations suggest that a combination of a general liberalization of services trade, a debt-financed increase of public investment and a reduction of the effective corporate tax rate by 0.5 percent of GDP each could reduce the German current account balance by 1 percentage point until 2021.
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