• Medientyp: E-Book
  • Titel: Produktivität in Deutschland : Messbarkeit und Entwicklung
  • Beteiligte: Ademmer, Martin [VerfasserIn]; Bickenbach, Frank [VerfasserIn]; Bode, Eckhardt [VerfasserIn]; Boysen-Hogrefe, Jens [VerfasserIn]; Fiedler, Salomon [VerfasserIn]; Gern, Klaus-Jürgen [VerfasserIn]; Görg, Holger [VerfasserIn]; Groll, Dominik [VerfasserIn]; Hornok, Cecilia [VerfasserIn]; Jannsen, Nils [VerfasserIn]; Kooths, Stefan [VerfasserIn]; Krieger-Boden, Christiane [VerfasserIn]
  • Erschienen: Kiel: Institut für Weltwirtschaft, 2017
  • Erschienen in: Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik ; 12
  • Umfang: 1 Online-Ressource (circa 300 Seiten); Illustrationen
  • Sprache: Deutsch
  • Identifikator:
  • Schlagwörter: Graue Literatur
  • Entstehung:
  • Anmerkungen: Zusammenfassung in englischer Sprache
  • Beschreibung: Die Produktivitätsentwicklung verweist sowohl auf den Erfolg als auch auf die Voraussetzungen des wirt-schaftlichen Wachstums. Ökonomische Wachstumsprozesse vollziehen sich im Zusammenwirken von technischem Fortschritt, Kapitalintensivierung und der Ausrichtung der Wirtschaftsstruktur auf die Belange der Konsumenten. Die Arbeitsproduktivität ist hierbei das zentrale Erfolgsmaß, weil es das Produktionsergebnis zu demjenigen Faktor in Bezug setzt, der zugleich als Einkommensbezieher mit seinen Konsumzielen den finalen Zweck der Produktion begründet. Die Arbeitsproduktivität hängt neben der Kapitalausstattung von der Effizienz ab, mit der die verschiedenen Produktionsfaktoren kombiniert werden. Eine Zunahme dieser als Totale Faktorproduktivität (TFP) bezeichneten Effizienz ermöglicht Produktionszuwächse ohne zusätzlichen Faktoreinsatz. Arbeitsproduktivität und Totale Faktorproduktivität sind daher zentrale Untersuchungsgrößen in diesem Gutachten. Produktivitätsfortschritte treten typischerweise nicht in allen Wirtschaftsbereichen gleichmäßig auf, sondern zeigen sektorale Schwerpunkte (Produktivitätskerne). Die gesamtwirtschaftliche Produktivi-tätsentwicklung resultiert als gewogener Durchschnitt aus den sektoralen Produktivitätsfortschritten. Dies motiviert neben der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung auch eine nach Wirtschaftsbereichen differenzierte Produktivitätsanalyse in diesem Gutachten. Da sich die in der Wirtschaftsstruktur abbil-denden Spezialisierungsmuster in einer marktwirtschaftlichen Ordnung nicht losgelöst von den Kon-sumenteninteressen ausprägen, bestimmen diese über Kompositionseffekte die gesamtwirtschaftlich beobachtete Produktivitätsentwicklung mit. Zudem kommt es bei sektoral divergierenden Produktivi-tätsentwicklungen zu Wechselwirkungen, die über Relativpreisveränderungen (sektorale Terms of Trade) die Entwicklung der Wertproduktivität zwischen den Sektoren tendenziell angleichen. Hierin kommt zum Ausdruck, dass auch Bereiche mit für sich genommen geringeren Volumenproduktivi-tätsfortschritten (Produktivitätsbrachen) indirekt über Opportunitätskosteneffekte zum gesamtwirt-schaftlichen Produktivitätsfortschritt beitragen. Bestandsaufnahme: Die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität in Deutschland ist in der Tendenz in den letzten 25 Jahren gesunken, zunächst allerdings nur leicht; eine ausgeprägte Produktivitätsschwäche ist erst in der jüngs-ten Zeit zu beobachten. Seit der Wiedervereinigung haben sich die amtlich ausgewiesenen Produktivi-tätszuwächse in Deutschland im Trend verringert. Wurden Anfang der 1990er Jahre noch Zuwächse bei der Arbeitsproduktivität von deutlich mehr als zwei Prozent pro Jahr verzeichnet, so lagen die Raten in den vergangenen vier Jahren bei einem Viertel davon. Eine Abschwächung der Produktivi-tätsentwicklung verzeichneten auch andere Industrieländer, wenngleich dieses Phänomen zum Teil – insbesondere in den Vereinigten Staaten – erst etwa ab Mitte der 2000er Jahre zu beobachten war. Die Wachstumszerlegung der Arbeitsproduktivität in die Komponenten TFP und Kapitalintensität zeigt, dass im Vorkrisenzeitraum in Deutschland der Beitrag der Kapitalintensität rückläufig war und sich im internationalen Vergleich besonders schwach entwickelte. Der Beitrag der TFP war hingegen relativ stabil. Betrachtet man nur den Marktsektor, der die öffentliche Dienstleistungen und das Grundstücks- und Wohnungswesen ausschließt, so nahm dort der TFP-Beitrag in diesem Zeitraum sogar zu. Die gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwächse waren in Deutschland stärker als in anderen hoch-entwickelten Ländern auf nur drei Sektoren konzentriert. Die positiven Beiträge zur gesamtwirtschaftli-chen Produktivität kommen in Deutschland ganz überwiegend aus den Sektoren „Produzierendes Ge-werbe“, „Handel, Verkehr und Gastgewerbe“ (HVG) sowie „Information und Kommunikation“. Andere Sektoren sind entweder zu klein, um die gesamtwirtschaftliche Produktivität nennenswert zu beein-flussen (Landwirtschaft) oder weisen eine stagnierende oder gar rückläufige Produktivität auf (Bau-wirtschaft, Finanz- und Versicherungsdienstleister, Unternehmensdienstleister). Die Produktivi-tätsschwäche in den vergangenen Jahren ist im Wesentlichen auf eine Verlangsamung des Wachstums im Produzierenden Gewerbe und im HVG-Sektor zurückführen. Die im internationalen Vergleich sehr schwache Entwicklung der Produktivität bei den Unternehmensdienstleistungen hat sich hingegen zuletzt eher verbessert. Messproblematik: Statistische Unsicherheiten resultieren vor allem aus der unpräzisen Messbarkeit der Wertschöpfung sowie der tatsächlich eingesetzten Mengen und Qualitäten von Kapital und Arbeit. Die Messunsicher-heiten aufgrund konzeptioneller und methodischer Probleme sind beträchtlich. Sie erschweren die Diagnose und insbesondere internationale Vergleiche. Für bedeutende Teile des Dienstleistungs-gewerbes, darunter die öffentliche Verwaltung, die Finanz- und Versicherungsdienstleister sowie die Wohnungs- und Grundstückswirtschaft, stellen die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) bislang keine verlässlichen Produktivitätskennziffern bereit. Die nominale Wertschöpfung beruht in diesen Bereichen in erheblichem Umfang auf unterstellten Transaktionen (z.B. fiktive Mieten) und auch die Zerlegung in Volumen- und Preiskomponente kann konzeptionell oft kaum befriedigen. Nicht selten unterliegen die impliziten Deflatoren – etwa die für den Finanzsektor – extremen Schwankun-gen und signalisieren damit, dass die volumenbezogene Fortschreibung der Wertschöpfung unplausi-bel ist. Die Produktivitätsanalyse ist für modellbedingte Artefakte besonders anfällig, da sie die Out-put- und Inputseite in Beziehung setzt und damit bei nicht beobachtbaren Markttransaktionen oder -preisen auf einer der beiden Seiten unmittelbar betroffen ist und lediglich die expliziten oder implizi-ten Annahmen zur Überbrückung der Beobachtungslücken in den Daten als Ergebnis reproduziert. Qualitätsfortschritte, insbesondere in den Informations- und Kommunikationstechnologien, stellen die Preisbereinigung vor erhebliche Schwierigkeiten. Die mangelnde Volumenerfassung bei querfinanzierten digitalen Gütern hat die Produktivitätsmessung aber in Deutschland bislang nicht nennenswert verzerrt. Zum einen waren insbesondere Güter der Informations- und Kommunikationstechnologie in den ver-gangenen Dekaden besonders raschen, aber nur schwer quantifizierbaren Qualitätsverbesserungen unterworfen, die mit den herkömmlichen Verfahren der Preisbereinigung zum Teil deutlich unter-schätzt wurden. Statistische Ämter, darunter auch das Statistische Bundesamt, haben zwar zuneh-mend auf hedonische Verfahren zurückgegriffen, um die Preisentwicklungen für diese Güter besser abschätzen zu können. Aufgrund des hohen Aufwands kommt dieses Verfahren jedoch nur bei sehr wenigen Gütern zum Einsatz und zudem in den einzelnen Ländern in unterschiedlichem Maße, was internationale Vergleiche erschwert. Zum anderen treten durch das Internet vermehrt Querfinanzie-rungsmodelle auf, etwa bei bestimmten digitalen Diensten wie Suchmaschinen, Media-Portalen oder elektronischen sozialen Netzwerken. Den Endverbrauchern werden diese Dienste zwar unentgeltlich zur Verfügung gestellt, sie finanzieren diese jedoch indirekt über höhere Preise für diejenigen Güter, die im Zusammenhang mit den Diensten beworben werden. Die Wertschöpfung der unentgeltlichen Internetdienste schlägt sich in den VGR lediglich in Preissteigerungen für die beworbenen Güter nie-der und wird wegdeflationiert. Quantitativ fallen die Online-Werbeumsätze in Deutschland bislang allerdings mit nur 2 Promille des nominalen Bruttoinlandsprodukts praktisch nicht ins Gewicht. Die Humankapitalausstattung der Erwerbstätigen, der zentrale Indikator für die Qualität und Leistungs-fähigkeit des Faktors Arbeit, wird nach wie vor ungenügend erfasst. Verfügbare Indikatoren orientieren sich ganz überwiegend an formalen Bildungsabschlüssen statt an den eingesetzten Fähigkeiten. Sie vernachlässigen Soft Skills ebenso wie erforderliche Abschreibungen des Humankapitals. Ferner unter-scheiden sich die verfügbaren Datensätze nicht nur im Niveau des Humankapitalbestands, sondern auch in dessen zeitlicher Entwicklung erheblich. So werden etwa deutsche Fachhochschulabschlüsse zuweilen als mittlere, amerikanische Collegediplome aber als hohe Qualifikation interpretiert. Diese Bewertungsunterschiede können internationale Produktivitätsvergleiche erheblich verzerren. Die Messung des Sachkapitaleinsatzes ist ungenau, und die Bestandsrechnung sollte um eine Nutzungs-rechnung (Kapitaldienste) ergänzt werden. Der Produktionsfaktor Sachkapital wird in Deutschland nur als Kapitalbestandsrechnung ausgewiesen, die somit prinzipiell nutzbare Kapazitäten anzeigt. Kapital-dienstrechnungen, die den Leistungsstrom der Kapitalgüter in Gestalt impliziter Mieten (Kapitalnut-zungskosten) widerspiegeln, wären aus theoretischer Sicht vorzuziehen, weil sie den tatsächlichen Faktoreinsatz produktionsa...

    Productivity is a key indicator of economic performance as well as a central precondition of economic growth, with labour productivity being the most important yardstick of success. Productivity growth is not spread evenly across the economy but is concentrated in specific sectors (productivity cores). Evidence: In Germany, the trend rate of labour productivity growth has been declining over the past 25 years, although a pronounced weakness of productivity is evident only in recent years. Especially TFP growth was relatively stable until after the financial crisis whereas the contribution from capital intensity was relatively weak by international standards already before the crisis. A specific German feature is that productivity growth was concentrated in only three sectors (manufacturing; retail trade, wholesale trade, transport, and hotels and restaurants; information and telecommunication), and the weakness in productivity performance in recent years originated in the first two of these sectors. Measurement problems: A number of measurement issues complicate the assessment of productivity over time and in cross-country comparison. Statistical uncertainties result for imperfect measurement of value added and inputs of labour and capital with respect to both their quantitative and qualitative dimension. Produc-tivity figures from the System of National Accounts are particularly unreliable for large parts of the service sector, including public administration, financial services and real estate industries, as nominal value added is to substantial degree calculated using imputed transactions and implicit deflators are producing implausible volume developments. Quality adjustment is a major challenge, especially in sectors where technological progress is fast, such as in information and communication technologies, although it does not seem to be a major explanation for the weak productivity growth in recent years. Similarly, the absence of the volumes of cross-financed digital goods in the officially recorded national output in principle implies an underestimation of productivity growth but the quantitative importance of this phenomenon is negligible so far. Another problem, especially in the context of international productivity comparisons, is that the human capital content of labour is inappropriately accounted for. Measurement of capital inputs is imprecise and the capital stock accounts should be supplemented with an appropriate record of capital services used in production. The results of productivity analysis at the sectoral level are distorted in those industries where agency workers and leasing play an im-portant role. All in all, however, the conceptual and methodological measurement problems tend to affect more the level of measured productivity than the development over time, and there is little evidence that measured productivity developments are systematically biased to an extent that would challenge the diagnosis that trend productivity growth in Germany has declined since the early 1990s. Economic explanations: There is a complex bundle of reasons behind the productivity slowdown, not a single driving factor. While the influence of individual factors can hardly be isolated, their relative importance can roughly be assessed. A part of the slowdown can be explained as normalisation from the elevated levels of the unification boom in the early 1990s which were due to catching up effects in Eastern Germany. In an international comparison digitization gave less of a boost to productivity in Germany than in countries such as the United States or the United Kingdom, which can be explained by more strongly regulated product and labour markets and the relative importance of SMEs in the German economy which tend to use modern technologies less efficiently than large enterprises. The positive impact of structural change from agriculture and industry to the service sector on productivity growth has declined over time, partly due to the dismal productivity performance of professional services in Germany. The de-mographic change has contributed to the productivity slowdown as the medium-age cohorts with highest age-specific productivity have relatively declined. The German “employment miracle” is a ma-jor factor behind the productivity slowdown in recent years. Since the mid-2000s, a large number of workers with relatively low qualifications have found jobs as a result of wage moderation and en-hanced work incentives. As a result, the average endowment of German workers with both human capital and physical capital was reduced with an associated downward pressure on productivity. Other factors that are also cited as important in explaining the productivity slowdown, including fewer off-shoring of production, changes in human capital, or the credit boom in the run-up to the financial crisis have not been found to be significant explanations for the development of productivity in Ger-many. Conclusion: The trend decline of productivity growth in Germany is not due to a single cause but is the result of the interplay of multiple factors with time-varying relative importance. Notwithstanding severe meas-urement issues, the evidence is real and not a statistical artefact. As a major part of the explanation of the weak productivity performance in recent years is a temporary process of successful integration of relatively low qualified workers into the labour market, there is no reason to expect productivity growth in Germany to remain depressed in the longer term.
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