Beschreibung:
Die Logik könnte eine ganz einfache sein: Der sich zum Vernichtungswahn gesteigerte Antisemitismus hat zur Shoah geführt bzw. wurde in ihr realisiert, weshalb Bildungsarbeit zur Shoah neben den Abläufen, Akteur:innen und Opfern auch zentral das Thema Antisemitismus zu behandeln habe. Dass dies in der Holocaust Education lange Zeit nicht der Fall war und auch heute vielfach noch nicht ist, zeigt der vorliegende Artikel. Der im Vergleich zur Holocaust Education neuere Ansatz der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit ist eine Chance, diese Versäumnisse zu kompensieren, doch ist seine Aufgabe nicht primär die Aufklärung über die Shoah, sondern die Behandlung von Antisemitismus weit über die Zeitphase des Nationalsozialismus hinaus. Zumal, und das ist die Kernaussage dieses Texts, Bildungsarbeit zur Shoah ohne ausführliche Berücksichtigung des Antisemitismus ebenso wenig Sinn macht, wie eine antisemitismuskritische Bildungsarbeit, welche die Shoah ignoriert. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Holocaust Education, deren Selbstverständnis und Versäumnisse. Den Hintergrund der Analyse bildet die (ältere) Kritische Theorie und deren Erkenntnisse über eine Erziehung nach Auschwitz. Eingangs soll jedoch kurz die Auseinandersetzung rund um die Bedeutung des Antisemitismus für die Shoah umrissen werden, um daraus Ableitungen für die Vermittlungsarbeit treffen zu können.