Beschreibung:
Das Thema Wehrmacht ist heute auch wieder Gegenstand eines breiten öffentlichen Interesses, das sich in höchst kontroversen und teilweise äußerst emotionalisierten Diskussionen artikuliert. Zentrale Fragen hierbei sind: Welche Rolle spielte die Wehrmacht im Machtgefüge des "Dritten Reiches"? Wie bereitwillig paßte sie sich den machtpolitischen und ideologischen Zielen des NS-Systems an, trug sie mit oder stand sie zu ihnen im Widerspruch? Inwieweit ließ sie sich von der Staatsführung für einen verbrecherischen Eroberungs- und Vernichtungskrieg instrumentalisieren? In welchem Ausmaß war sie selbst an den Verbrechen beteiligt, indem sie völkerrechtswidrige Befehle ausführte oder sogar selbst ausarbeitete? Wieviel Schuld traf die oberste Führung der Streitkräfte, die verantwortlichen Befehlshaber, das Offizierskorps, die Unteroffiziere und Mannschaften? Ja, was war und wie war die Wehrmacht überhaupt? Die von Rolf-Dieter Müller und Hans-Erich Volkmann betreute Publikation hat es unternommen, in über sechzig Fachbeiträgen bekannte Forschungsergebnisse mit neueren Erkenntnissen in einer Weise zu verbinden, daß aus zahlreichen Mosaiksteinchen ein anschauliches, wenngleich auch entsprechend der Vielfalt der Urteile und Meinungen durchaus heterogenes Bild entsteht. Die Autoren haben versucht, dem Bestreben des MGFA nach einer Historisierung des Gegenstandes einerseits und nach Differenzierung des Urteils über eines der schwierigsten und umstrittensten Themen der jüngsten Vergangenheit andererseits Rechnung zu tragen.
Mehr als 1300 eng bedruckte Seiten Text plus Bibliographie und Register über die Wehrmacht, 54 Jahre nach deren bedingungsloser Kapitulation am Ende eines Krieges, den sie selbst frühzeitig plante: Dokumentation der Beiträge von 61 erstrangigen Fachleuten zu einer Tagung im Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam 1997: So umfassend gab es das noch nicht. Gehandelt wird in 7 Abschnitten von Anspruch und Selbstverständnis der Wehrmacht, vom Urteil auswärtiger Mächte, strategischem Denken, Professionalität und militärischer Verantwortlichkeit der Führung, Sozial- und Strukturgeschichte der Wehrmacht, von Mentalitäten und Kriegsalltag, von der Wehrmacht als Teil des NS-Unrechtsstaates, vom Krieg und seinen Folgen. Eine ausgewogen kritische Zwischenbilanz mit nur gelegentlich apologetischen Zügen. Ein weiter Horizont, vor dem künftig geforscht und diskutiert werden kann, gleichwohl lesbare Darlegungen, notwendig im Streit um die Wehrmacht und aktuell. (2) (Friedrich Andrae)