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Mertens, Nils;
Glomb, Marcus
Mechanistische Untersuchungen zur enzymatischen Bräunung
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- Medientyp: E-Artikel
- Titel: Mechanistische Untersuchungen zur enzymatischen Bräunung
- Beteiligte: Mertens, Nils; Glomb, Marcus
-
Erschienen:
Wiley, 2023
- Erschienen in: Lebensmittelchemie, 77 (2023) S2
- Sprache: Englisch
- DOI: 10.1002/lemi.202352214
- ISSN: 0937-1478; 1521-3811
- Schlagwörter: General Engineering ; Ocean Engineering
- Entstehung:
- Anmerkungen:
- Beschreibung: Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den enzymatischen und nicht‐enzymatischen Reaktionen von Polyphenolen unter besonderer Berücksichtigung der Bildung kovalenter Polyphenol‐Aminosäure‐Addukte während der enzymatischen Bräunung. Die enzymatische Bräunung ist ein hoch‐komplexer Prozess, bei dem vielfältige enzymatische und nichtenzymatische Reaktionen mit einem großen Spektrum an möglichen Reaktionspartnern ineinandergreifen. Dies geht mit ebenso komplexen Bräunungsprodukten einher, die im positiven wie im negativen Sinn ein ausschlaggebendes Kriterium für die Qualität von pflanzlichen Lebensmitteln darstellen. Ein grundlegendes Verständnis dieser Prozesse ist damit essentiell. Das Ziel der vorliegenden Arbeit lag darin weiterführende oxidative Reaktionsmechanismen von Polyphenolen im Zuge ihres oxidativen Abbaus aufzuklären, wobei ein besonderer Fokus auf die entstehenden kovalenten Polyphenol‐Aminosäure‐ und Polyphenol‐Protein‐Addukte gelegt wurde.Dafür wurde ein auf der Polyphenoloxidase (PPO) der Nashi‐Birne basierendes Modellsystem zur enzymatischen Oxidation entwickelt, womit eine systematische Untersuchung des Polyphenols Catechin in Gegenwart der nucleophilen Aminosäuren Arginin, Lysin und Cystein auf neuartige Catechin‐Aminosäure‐Addukte ermöglicht wurde. Während Arginin und Lysin keinen Einfluss auf den Reaktionsverlauf hatten, führte Cystein zu der Bildung der Cystein‐ Catechin‐Addukte, 2’‐Cysteinyl‐Catechin (A1) und 5’‐Cysteinyl‐Catechin (A2), die im weiteren Verlauf zu zwei neuartigen Dihydrobenzothiazincarbonsäure‐Derivaten, 8‐(3,5,7‐Trihydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐chromen‐2‐yl)‐5‐hydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐benzothiazin‐3‐carbonsäure (B1) und 7‐(3,5,7‐Trihydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐chromen‐2‐yl)‐5‐hydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐benzothia‐ zin‐3‐carbonsäure (B2), reagierten und mechanistisch und strukturell aufgeklärt wurden. Dabei erfolgt ein intramolekularer Ringschluss über ein von Catechin und PPO vermitteltes Redoxcycling von den Addukten zu den entsprechenden Chinoniminen, die im weiteren Verlauf über ein erneutes Redoxcycling die isolierten Strukturen B1 und B2 bilden. In den Umsatzraten zu den Addukten zeigte sich deutlich die sterische Hinderung bei der Adduktbildung von A1 im Vergleich zu A2. Dies spiegelte sich folglich in den Umsatzraten der resultierenden jeweiligen Dihydrobenzothiazincarbonsäure wider. Diese Produkte stellten jedoch nur reaktive Intermediate der enzymatischen Bräunung dar. Inkubationen unter sauren, oxidativen Bedingungen führten nach der Oxidation zum jeweiligen Chinonimin zu einer β‐Decarboxylierung und zur Bildung der decarboxylierten Dihydrobenzothiazin‐Derivate 8‐(3,5,7‐Trihydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐chromen‐2‐yl)‐5‐hydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐benzothiazin C1 und 7‐(3,5,7‐Trihydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐chromen‐2‐yl)‐5‐hydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐benzothiazin C2. Aus B2 wurde ein aus einer oxidativen Kupplung hervorgehendes Dimerisierungsprodukt, das strukturell den Trichochromen ähnelt, mittels Derivatisierung mit o‐Phenylendiamin zu einem Phenazin‐Derivat (12E)‐5,5’‐Dioxo‐11a,11a’‐bis(3,5,7‐trihydroxy‐3,4‐dihydro‐2H‐chromen‐2‐yl)‐3,3’,4,4’,5a,5a’,6,6’,11,11’,11a,11a’‐dodecahydro‐ 2H,2’H,5H,5’H‐12,12’‐bi[1,4]thiazino[2,3‐b]phenazin‐3,3’‐dicarbonsäure stabilisiert, isoliert und abschließend strukturell und mechanistisch aufgeklärt. Die Vorreinigung der Addukte, der Dihydrobenzothiazincarbonsäuren und des derivatisierten Dimerisierungsprodukts erfolgte mittels High Performance Countercurrent Chromatography aus den Inkubationen, die anschließende Isolierung mittels präparativer HPLC.Damit gelangen die Isolierung und der strukturelle Nachweis eines farbigen Produkts aus der enzymatischen Bräunungsreaktion eines Polyphenols und einer Aminosäure aus dem neu etablierten Inkubationssystem. Neben den enzymatischen Modellinkubationen wurde der oxidative Abbau von Aspalathin in Gegenwart von Lysin untersucht. In aeroben Inkubationen baute sich das aus unfermentierten Rooibostee isolierte Aspalathin zu bis zu 10 mol‐% zu Dihydrokaffeesäure (DHC) ab. Die Bildung des Dihydrokaffeesäure‐Lysin‐Amids (DHCA) in einer 30‐fach niedrigeren Konzentration konnte mittels HPLC‐FLD mit o‐Phthaldialdehyd‐ Nachsäulenderivatisierung und über die Synthese eines authentischen Referenzstandards eindeutig nachgewiesen werden. Die Bildung des Amids wurde zusätzlich in Aspalathin‐ Protein‐Inkubationen bei Raumtemperatur und neutralem pH nach enzymatischer Hydrolyse mittels HPLC‐MS2 nachgewiesen. Damit gelang der erstmalige Nachweis einer kovalenten Polyphenol‐Protein‐Modifikation unter milden Bedingungen.Die Bildung von DHC aus Aspalathin wurde in der Literatur bereits vorgeschlagen, konnte aber nicht mit einem Mechanismus unterlegt werden. Zur Aufklärung des Reaktionsmechanismus wurde der oxidative Abbau des Aspalathins, sowie des O‐glycosidischen Dihydrochalkons Phloridzin und Phloretin, dessen Aglykon, in aeroben und anaeroben Inkubationen und Inkubationen unter Generierung von Singulettsauerstoff (1O2) untersucht. Daraus ergab sich ein oxidativer Abbau, der durch die Bildung von 1O2 initiiert wird. Nach Anlagerung des 1O2 erfolgt eine Baeyer‐Villiger‐analoge Umlagerung mit anschließender Fragmentierung in die Phenolsäure durch Wasser oder zum jeweiligen Phenolsäureamid durch ein entsprechendes Amin und einem Tetrahydroxybenzol‐Derivat als Gegenstück. Dieses Gegenstück konnte im Falle des analytisch leichter zugänglichen Phloretins als Tetrahydroxybenzol (THOB) nach Synthese des authentischen Referenzstandards durch GC‐MS2 nachgewiesen und somit der postulierte oxidative Mechanismus verifiziert werden. Die strikte Abhängigkeit des Mechanismus von 1O2 zeigt, dass Aspalathin in der Lage ist, intrinsisch 1O2 zu generieren. Die Quantifizierung der DHC und des Lysin‐Amids in unfermentierten und fermentierten Rooibostee‐Proben wiesen mit 0,7 μmol DHC/g (127 μg DHC/g) und 0,35 μmol DHCA/g (108,5 g DHCA/g) in den fermentierten Proben deutlich höhere Gehalte als die unfermentierten Tees auf. Obwohl nur bei DHC der Unterschied signifikant war, zeigte sich beim DHC‐Amid jedoch ein deutlich verstärkter Abbau des Aspalathins unter aeroben Verhältnissen. Dies lässt sich auf die oxidativen Bedingungen des traditionellen Fermentationsprozesses des Rooibostees zurückführen und belegt damit den oxidativen Abbaumechanismus und dessen Relevanz im Tee.Zusammenfassend gelang in der vorliegenden Dissertation eine vielseitige Untersuchung des sowohl enzymatischen als auch nicht‐enzymatischen oxidativen Abbaus von Polyphenolen in Gegenwart von Aminosäuren im Blick auf kovalente Polyphenol‐Aminosäure‐Modifikationen. Die Etablierung eines neuen enzymatischen Modellinkubationssystems diente als Grundlage für die erfolgreiche Isolierung und Charakterisierung zum Teil farbiger Polyphenol‐Aminosäure‐Intermediate aus dem Reaktionsverlauf der enzymatischen Bräunungsreaktion und stellt durch dieVariationsmöglichkeit der Substrate eine neue Methode zur Untersuchung der kovalenten Interaktionen während der enzymatischen Bräunung in pflanzlichen Lebensmitteln dar. Aus dem oxidativen Abbau des Aspalathins wurden Erkenntnisse über einen neuen oxidativen Abbauweg der Dihydrochalkone gewonnen, die auf die mögliche Generierung bzw. Stabilisierung von 1O2 durch Polyphenole schließen lässt und einen neuen Ansatzpunkt für die Untersuchung des oxidativen Abbaus strukturell ähnlicher Polyphenole bildet.