Beschreibung:
Die Islamische Republik Iran hat unter dem Sanktionsdruck der Trump-Administration den "Osten" zur außenpolitischen Priorität erklärt. Im Rahmen einer neuen "Blick-nach-Osten"-Politik sollten die Beziehungen zu asiatischen und eurasischen Großmächten wie Russland, China oder Indien vertieft werden. An seiner Ostorientierung wird Iran auch unter dem US-Präsidenten Joe Biden festhalten, denn die außenpolitische Schwerpunktverlagerung reicht über kurzfristige Wirtschaftsinteressen hinaus. Teheran sieht in östlichen Partnern das größte Potential, um vom Westen unabhängige Ordnungsstrukturen zu schaffen. Mittelfristig setzt die Islamische Republik auf eine multipolare Ordnung, in der Regionalmächten eine höhere politische Bedeutung zukommt. Langfristig schwebt Teheran die Vision einer einheitlichen islamischen Gemeinschaft und einer Sphäre islamischer Souveränität vor. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Islamische Republik bedeutende geopolitische Großprojekte in Eurasien, in denen Iran eine zentrale Rolle einnimmt. Teherans "Blick nach Osten"-Politik geht aber auch mit Kosten einher und stößt vor allem sicherheitspolitisch an enge Grenzen. Noch zeichnen sich keine strategischen Partnerschaften ab, die sich in einer belastbaren Bündnispolitik widerspiegeln würden. Dennoch müssen sich Deutschland und die EU darauf einstellen, dass der Einfluss eurasischer und asiatischer Akteure, insbesondere Pekings, in Iran steigen wird. Dabei stehen Teherans Beziehungen zu diesen Staaten nicht unter dem Vorbehalt, Menschenrechtsfragen oder die iranische Regionalpolitik zu diskutieren. Irans Orientierung nach Osten stellt aber noch keine Abkehr vom "Westen" dar. Mit der Umsetzung der "Blick nach Osten"-Politik könnte die Bedeutung Deutschlands und Europas sogar noch zunehmen. (Autorenreferat)