Beschreibung:
Anläßlich der jüngst stattgefundenen "Sonderwegsdebatte" wurde auch über die Frage gestritten, ob man die politische und soziale Entwicklung von Adel und Bürgertum in Deutschland im 19. Jahrhundert eher mit der lange Zeit gängigen Formel von der " Feudalisierung des Bürgertums" beschreiben können oder ob man nicht eher von einer "Verbürgerlichung der deutschen Gesellschaft" (Blackbourn) sprechen müsse. Zu diesem Problem analysiert dieser Beitrag die Arbeiten namhafter deutscher Sozialwissensachaftler aus den Jahren 1900 bis 1930. In diesem Zusammenhang wird auch auf die frühe Rezeption der Elitentheorie Paretos in Deutschland eingegangen. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, daß die dem Thema Adel und bürgerliche Elite gewidmeten Arbeiten Georg Simmeis, Ferdinand Tönnies, Robert Michels, Carl Brinckmanns und Max Webers die Formel von der " Feudalisierung des deutschen Bürgertums" und der Sonderentwicklung Deutschlands im Kern bestätigen. Adel und Bürgertum haben sich, diesen Autoren zufolge, in Deutschland ganz anders entwickelt als in den anderen westeuropäischen Staaten. Das aufstrebende Bürgertum habe sich dem Adel in Lebensstil und Wertmaßstäben anzupassen gesucht und dadurch am Ende die Chancen zur Demokratisierung der deutschen Gesellschaft im 19. Jahrhundert erheblich verschlechtert.